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Tastkopf erden

Induktionsarmer Signalabgriff mit dem Oszilloskop

Die meisten Oszilloskop-Tastköpfe werden mit Federhaken und Masseklemme geliefert. Deren Anwendung verzerrt aber häufig die Flanken von schnellen Signalen, erzeugt Überschwinger und erschwert u.U. die Triggerung. Man kann zwar koaxiale Steckverbindungen benutzen, daß ist aber relaiv teuer und braucht viel Platz auf der Platine. Deshalb suchte ich eine alternative Möglichkeit die Tastköpfe induktionsarm mit der Schaltung zu verbinden.

Der Masseanschluß über die kurze Leitung mit der Krokodilklemme birgt eine erhebliche Induktivität in sich. Die Zuleitungsinduktivität ist von der Länge des Kabelstückchens (etwa 1nH/mm), bzw. von der aufgespannten Fläche zwischen den Anschlüssen abhängig. Diese Induktivität zusammen mit der Eingangskapazität des Tastkopfes (etwa 10...20pF) bildet einen Schwingkreis. Und genau das ist die Ursache für das "Klingeln" auf der Signalflanke.

Mein Ziel ist es, genau nur das zu sehen, was an Signalen auch wirklich vorhanden ist. Etwaige Verzerrungen und Überschwinger erschweren nur die Beurteilung einer Schaltung. Außerdem ist es wichtig, daß alle Tastköpfe mit gleich langen Anschlüssen versehen sind. Längere Zuleitungen erzeugen zusätzliche Signallaufzeiten und verschieben die Flanken auf der Zeitachse.

Weiterhin könnte man sich noch wünschen, die Hände während der Messung frei zu haben und nicht den Tastkopf festzuhalten. Die Kontaktierung sollte auch preiswert sein, weil meine Versuchsaufbauten häufig nicht wieder "entstückt" werden.

Der Versuchsaufbau

Um das Ganze etwas systematisch anzugehen, benötige ich eine Referenz-Meßmethode. Dazu dient ein BNC-Adapter, der einfach auf den Tastkopf gesteckt wird. Bei dieser Konstruktion stört allenfalls die geringe zusätzliche Kapazität der BNC-Verbinder.

Die Kurve oben rechts zeigt den Spannungsverlauf am Generatorausgang. Das Signal kommt aus einem Logikausgang und wird durch zusätzliche Lasten nur geringfügig verzerrt.

Im Folgenden habe ich zwischen Generator und Referenztastkopf noch ein abgesägtes BNC-T-Stück eingefügt. An der Schnittkante ist eine Präzisionsbuchsenleiste angelötet, an der die verschiedenen Klemmen untersucht werden.

Die erste Messung erfolgt mit besagtem Federhaken und Masseklemme. Im rechten Bild zeigt die gelbe Kurve wieder das reale Signal aus dem Generator. Der violette Spannungsverlauf kommt mit deutlichen Überschwingern vom Tastkopf.

Ergänzung:

Mit den üblichen Werten von 10..20pF Eingangskapazität und 15cm Massekabel ergibt sich eine Resonanzfrequenz von etwa 90..130MHz. D.h. die Überschwinger haben immer diese Frequenz, unabhängig von der Frequenz des Meßsignals. Wenn das Scope weniger Bandbreite hat, kann man die Überschwinger ggf. nicht sehen, aber sie beeinflussen die Form der Flanke. Bei 1GS/s Abtastrate werden ja immerhin 8 bis 11 Meßpunkte während einer Periode aufgenommen.

Die Amplitude des Überschwingens hängt von Innenwiderstand des Meßsignals ab. Bei kleinen Quellwiderständen ist die Güte des Kreises hoch und er schwingt mit großer Amplitude. Logiksignale aus Bustreibern haben u.U. sehr niedrige Innenwiderstände.

Etwas praktischer als der Federhaken ist diese Konstruktion aus einer BNC-Buchse mit zwei kurzen hochflexiblen Kabeln. Daran eine Subminiatur-Prüfklemme, die gerade noch so zwischen zwei IC-Beinchen paßt und eine Krokodilklemme für den Masseanschluß.

Erschreckend ist nur, wenn man das mit schnellen Signalen untersucht. Wie man rechts sieht, sind die Überschwinger mit dem flexiblen Anschluß eher noch größer als oben mit dem Federhaken.

Mein Lösungsvorschlag

Beim Blick in die Grabbelkiste kam mir dann die folgende Idee. Man beraubt zunächst den Tastkopf seiner Isolierhülle, so daß das blanke Masserohr zum Vorschein kommt. Darauf passen schmatzend und saugend die abgebildeten Sicherungshalter 5*20mm für Printmontage.

Aus den Sicherungshaltern werden nun Tastkopfklammern indem alles unnötige abgeschnitten wird. Sodann werden sie mit den Stapelleisten (RM 2,54mm, ca. 38mm lang) verlötet. Das ist ziemlich fummelig, läßt sich aber mit Hilfe einer M5-Schraube als Positionierhilfe ganz gut bewerkstelligen.

Jetzt wird das Ganze noch so zurechtgebogen, das alle drei Spitzen genau fluchtend in eine Präzisionsbuchsenleiste (RM 2,54mm, 7mm Höhe) passen. Fertig ist der Meßadapter.

Die Buchsenleiste wird als Testpunkt an der Platine angelötet und der Tastkopf bei Bedarf aufgesteckt. Der Platzbedarf ist relativ gering und wenn man etwas vorsichtig zu Werke geht, hält die Buchsenleiste auch das Gewicht des Tastkopfes nebst Zuleitung.

The proof of the pudding is in the eating: Kein Überschwingen, kein Klingeln und beide Prüfpunkte liefern in etwa das gleiche Ergebnis.

Fazit

Für ein paar Cent und eine halbe Stunde basteln bekommt man einen steckbaren Tastkopf. Die Hände sind frei und das Scope zeigt die Signale so, wie sie da sind.

Auch wenn Sie diesen Adapter nicht nachbauen, ist es evtl. hilfreich zu wissen, daß ein Sicherungshalter über das Röhrchen paßt. Den kann man ja mal eben auf die Platine löten und hat dann eine kurze Masseverbindung und eine Hand frei.